ma wohnt jetzt im Himmel.“ Aussagen, wie diese, sind von kleinen Kindern häufig zu hören. Sie sind das Ergebnis von Gesprächen mit Erwachsenen über den Tod, die ihnen vom Himmel erzählen, um tröstende Worte für den Tod einer nahestehenden Person zu finden. Wie man mit Kindern über den Tod spricht, hängt entscheidend vom persönlichen Kulturkreis ab. Doch was denken die Kleinen eigentlich selbst über das Sterben? Ab welchem Alter können sie sich überhaupt darüber Gedanken machen? Wie sieht die kindliche Wahrnehmung des Todes aus? Diesen Fragen und weiteren Aspekten rund um dieses Thema gehen wir hier nach.
Wie sieht die kindliche Wahrnehmung des Todes aus?
Die Neugierde ist ein wichtiger Bestandteil der Kindheit. Sie ist den kleinen Kindern angeboren, damit sie das Leben kennenlernen und durch Beobachtung begreifen. In jungen Jahren möchten die Sprösslinge alles erkunden und fassen vieles an. Dank ihrer begrenzten Erfahrungen gehen sie besonders unbelastet und vorurteilsfrei an jegliche Dinge heran. Sie können sich daher auch schon mit dem Tod auseinandersetzen – auf ihre Weise.
Bereits in jüngsten Jahren weiß der Nachwuchs, was lebt und was einfach nur eine Sache ist. In den ersten fünf Jahren seines Lebens kann sich ein Kind gut vorstellen, dass etwas, was lebt auch tot sein kann oder gar umgekehrt.
Doch aufgepasst: Da Kinder erst etwa ab dem vierten Lebensjahr Empathie entwickeln, mögen sie manchmal kaltherzig erscheinen, wenn Oma stirbt. Das stimmt so aber nicht. Ihnen fehlt es noch an Mitgefühl.
Obgleich schon sehr junge Kinder begreifen, dass etwas tot oder lebendig sein kann, haben sie noch keine richtige Vorstellung vom Tod. Sie wissen nicht, dass der Tod endgültig ist. Deswegen haben sie kaum Verständnis für die Trauer und toben auf der Beerdigung fröhlich herum. Irgendwann wird der Tod schon wieder vorbei sein. Versuchen Eltern den Kleinen die Endlichkeit des Lebens zu erklären, kann dies schnell schiefgehen. Es überschreitet ihr Vorstellungsvermögen. In ihrem Köpfchen scheint es das Gleiche zu sein, ob Oma tot ist oder nach einem Wochenendbesuch zurück in ihre Heimatstadt fährt. Die Sprösslinge kennen das Prinzip der linear voranschreitenden Zeit noch nicht Sie glauben vielmehr an eine Form der Unsterblichkeit.
Extrahinweis: In jungen Jahren können Kindern kausale Zusammenhänge nur eingeschränkt erfassen. Sie wissen nicht genau, was einen Tod verursachen kann. Deswegen ist es wichtig, den Kleinen dies zu erklären. Ist der Opa beispielsweise plötzlich an einem Herzinfarkt gestorben und war der Enkel vorher frech zu ihm, könnte er denken, es läge an seinem Verhalten. "Opa ist verschwunden, weil er seinetwegen traurig war." Das kann schlimme und unnötige Schuldgefühle auslösen. Altersangemessen sollten Eltern daher die Kausalität vom Tod erklären. Etwa mit acht, neun Jahren begreifen die Kinder, dass ein Unfall oder eine schwere Krankheit tödlich enden kann.
Wann verstehen Kinder den Tod und wann setzen sich Kinder mit dem Tod auseinander?
Mit Eintritt des Grundschulalters erfassen Kinder die Endgültigkeit des Todes. Jetzt hat sich auch ein Mitgefühl entwickelt und der Nachwuchs kann sich in andere hineinversetzen. Sie erkennen, wenn jemand traurig ist und Trauer fühlt. Obgleich diese Gefühle und Gedanken bereits da sind, machen sich Kinder in der Regel noch keine Sorgen um den eigenen Tod. Sie wissen nicht, dass er unausweichlich ist. Viele Kinder stellen sich den Tod eher als Person vor. Dann vermischen sie Gestalten aus der eigenen Religion, Filmen oder Märchen mit der Vorstellung vom Tod. Für sie kann er daher als Engel, Skelett oder Mann mit einem weißen Bart daherkommen. Beachte hierbei, dass das Kind bereits Gesehenes mit der eigenen Fantasie verknüpft.
Im Grundschulalter fangen die Kinder an, Fragen über den Tod zu stellen. Sie wollen wissen, was mit den Toten passiert. Welche Vorstellungen Kinder dann von dem Tod entwickeln, hängt entscheidend von den Antworten der Eltern ab.
Etwa mit dem achten Lebensjahr wissen die meisten Sprösslinge, dass jeder sterben muss. Und das schließt auch sie selbst ein. Ihr Interesse für den Tod wächst. Was passiert mit mir, wenn ich tot bin? Was passiert mit dem toten Familienhund? Viele Kinder glauben an die unsterbliche Seele und damit an ein ewiges Leben. Sagen ihnen Ältere, nach dem Tod wäre alles einfach vorbei, können sie dies nicht begreifen. Nicht selten zeigen sie ein verstärktes Interesse für Religiosität, um dort antworten zu erhalten. Mit der Pubertät nimmt diese Neugierde häufig ab, denn jetzt sind andere „Probleme“ wichtiger. Erst wenn ein Todesfall vorliegt, treten erneut Gedanken ans Sterben und den Tod auf.
Hinweis: Eltern können mit ihren Kindern schon früh über den Tod sprechen. Die Kleinen sind sehr offen für Spiritualität, da sie diese wie selbstverständlich in ihr Leben integrieren können. Sogar Prinzipien wie das Energieerhaltungsprinzip verstehen sie in Grundzügen. Für sie ist Unsterblichkeit und damit ein Fortbestehen der Seele sehr gut vorstellbar.
Wie erleben Kinder den Tod in unserer Gesellschaft?
Das hat sich mit den Jahrzehnten stark verändert. Früher war der Tod präsenter als heute. Viele Generationen wohnten zusammen und die medizinische Versorgung war schlechter. Somit starben mehr Menschen und dies wurde auch nicht verschwiegen. Kinder waren somit frühzeitig in den Kreislauf von Alter-Krankheit-Tod involviert. Für sie war es ein natürlicher Ablauf. Heute wird das Thema oft aus dem Alltag verdrängt und die Konfrontation mit dem Tod erfolgt kaum. Die meisten Kinder nehmen den Tod als Teil ihres Lebens erst wahr, wenn ein geliebtes Haustier stirbt.
Der Tod mutierte zum Tabuthema, weswegen es vielen Eltern schwerfällt, mit den Kleinen darüber zu reden. Es ist jedoch wichtig, das zu tun.
Die Kinder haben diesbezüglich viele Fragen und verstehen mehr, als Erwachsene oft meinen. Gerade bei jüngeren Kindern ist es wichtig, bestimmte Formulierungen bzw. Umschreibungen für den Tod wegzulassen. Worte für „weggehen“ oder „einschlafen“ verstehen die Kinder wörtlich. Sie glauben dann, der Hund würde nur tief schlafen. Das kann letztlich zur Angst vor dem Schlafen führen.
Sollen Kinder mit auf die Beerdigung?
Ja, warum nicht? Kinder ab dem Grundschulalter verstehen, dass es ein trauriger Anlass ist. Sie können auf der Beerdigung hautnah erleben, wie schwer der Tod die anderen trifft und können selbst ihre eigenen Emotionen ausloten. Zudem haben sie die Chance, selbst Abschied zu nehmen. Das Verständnis für den Tod vor dem Grundschulalter ist zwar ein anderes als später, aber dennoch können Kinder mit zur Beerdigung kommen. Manchmal erscheint ihr Verhalten dann vielleicht weniger passend, aber das ist nicht schlimm. Wer ein Grundverständnis für Heranwachsende hat, weiß, dass es für Mitgefühlsbekundungen noch zu früh ist.
Wie trauern Kinder, wenn ein Angehöriger stirbt?
In Abhängigkeit vom Alter verstehen Kinder irgendwann, dass Opa nie wieder zum Spielen kommt. Er ist für immer weg. Das löst bei Grundschulkindern oft eine Trauer in Wellen aus. Sie haben einen Wechsel aus Traurigkeit und Spaß. So können sie plötzlich weinen und dann wieder lachen. Eltern helfen den Sprösslingen durch die Trauerphase, indem sie den gewohnten Tagesablauf aufrechterhalten. Das gibt den Kleinen Halt. Gleichzeitig ist es wichtig, den Kindern Raum zur Bewegung zu geben. Trauer ist Stress und Stress lässt sich hervorragend durch körperliche Aktivität abbauen.
Ob Fußball, Schwimmen oder Radfahren: Alles ist erlaubt, um die Trauer durch Sport zu lindern.
Das heißt jedoch nicht, dass Tod und Trauer verschwiegen werden. Nein, das Kind darf und soll weinen. Eltern können zur Trauerbewältigung das Grab des verstorbenen Opas besuchen oder an ihn einen Abschiedsbrief schreiben bzw. malen. Zudem ist es wichtig, dem Sprössling den Tod als Ende des Lebens zu erklären. Das schließt Gedanken an die Unsterblichkeit der Seele mit ein, die nicht nur tröstlich sind, sondern von den Kindern auch begriffen werden.
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