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ung, energiegeladen, smart und voller revolutionärer Einfälle: So möchte sich die Ideenschmiede Silicon Valley gern sehen. Doch auch dort machen die Gene noch nicht mit und die Wissenschaftler altern. Hoodie und Sneaker ändern daran nichts. Es daher nur logisch, dass sich die findigen Köpfe bereits seit vielen Jahren mit dem ewigen Leben und der Unsterblichkeit beschäftigen. Und das tun sie auf ganz unterschiedliche Weise. Von der digitalen Unsterblichkeit bis hin zum Verlängern des biologischen Alters sind alle möglichen Forschungsrichtungen vertreten. Dabei steht stets ein Credo im Vordergrund: Der Tod ist optional!

Den menschlichen Körper für mehr Leben optimieren

Der 73-jährige Ray Kurzweil möchte nicht über ein Leben nach dem Tod nachdenken. Er will das Altern und den Tod so weit wie möglich herauszögern. Deshalb fokussiert er sich auf die Errungenschaften der Medizin und kündigte bereits vor Jahren an, dass diese die Lebenserwartung schon bald jedes Jahr um ein Jahr steigern werde. Wer sich die Behandlungen dieser speziellen „Anti-Aging-Doktoren“ leisten könne, würde steinalt werden.

Kurzweil selbst gilt als Urgestein in Silicon Valley. Er ist noch immer Director of Engineering bei Google und hat zahlreiche revolutionäre technischen Errungenschaften ermöglicht. Seit Jahren engagiert er sich für das Google-Seitenprojekt California Life Company.

Das Unternehmen, kurz Calico genannt, will die physischen Auswirkungen des Alterns unter Kontrolle bringen.

Hierfür arbeiten Forscher aus den Bereichen Genetik, Medizin und Molekularbiologie seit 2012 eng zusammen. Ein verwandtes Google-Seitenprojekt, Verily, lernt so viel wie möglich aus den gesundheitlichen Daten von Menschen rund um den Globus. Es geht also darum, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen und im gleichen Körper so alt wie möglich zu werden.

Altern wird zu einer Krankheit

Der immense Anstieg an Anti-Aging-Produkten aus der Drogerie und Faltenbehandlungen beim Schönheitschirurgen zeigen eines deutlich: Altern ist out. Für manche Wissenschaftler gleicht es gar einer Krankheit, die es zu besiegen gilt. Deswegen behandeln sie das Altern auch aus dieser Perspektive. Was verursacht das Altern? Lass uns dagegen etwas finden! So wird vorgegangen.

Umstritten dabei ist, inwieweit sich die Lebenserwartung des Menschen nach hinten verschieben lässt. Nach einer Studie des Albert Einstein College of Medicine in New York läge das Höchstalter bei durchschnittlich 115 Jahren.

Mehr wäre nicht möglich. Für andere Wissenschaftler gibt es kein Limit. Und selbst wenn es eine Grenze geben sollte, dann gäbe es diese doch nur durch den menschlichen Körper. Ein neuer Körper muss her. Ein Cyborg. Das ist kein Witz und keine Spinnerei.

Unsterblich dank Cyborg

Wieso nicht den menschlichen Körper verlassen und gegen einen neuen austauschen? Diese Überlegungen klingen nach Science Fiction und in der Tat tauchen sie in Kinofilmen auf. Doch was über die Mattscheibe in unser Wohnzimmer dringt, hat nicht selten einen wahren Kern. Auch Ray Kurzweil bereitet sich auf eine Zukunft als Cyborg vor. Er geht davon aus, dass die Menschen noch in diesem Jahrhundert Teile unseres Körpers durch künstliche Bausteine ersetzen können. Nanobots patrouillieren in unserem Blut und zeigen krankmachende Entwicklungen auf. Schritt für Schritt vollzieht sich die Verwandlung vom Menschen aus Fleisch und Blut in eine Maschine.

Der russische Milliardär Dimitry Itskov beobachtet die technischen Entwicklungen genau. Ihm geht alles viel zu langsam, weswegen er sein Bewusstsein so rasch wie möglich in Computerdaten umwandeln und in einen Roboterkörper transferieren möchte.

Die Möglichkeit dafür soll seine 2045 Initiative schaffen. Dem britischen Nachrichtensender BBC kündigte er mit stolzer Brust an: „Ich sorge dafür, dass wir alle in den kommenden 30 Jahren unsterblich sein werden.“ Er wäre sich zu 100 % sicher, dass er für ein ewiges Leben sorgen könnte.

Ein Kampf gegen die eigene Zeit

Dimitry Itskov wurde 1980 geboren. Gemessen an der heutigen Lebenserwartung für einen Mann seiner Herkunft hat er damit noch ein wenig Zeit, an der Unsterblichkeit zu arbeiten. Doch dieses Vorhaben ist stets ein Kampf gegen die Zeit, denn mit jedem Tag rückt der eigene Tod ein bisschen näher. Wird die Forschung rechtzeitig bereit sein, mich unsterblich zu machen? Was ist, wenn ich vor dem Durchbruch sterbe? Hierfür gäbe es mehrere Lösungen: Zum einen wäre da das Einfrieren. Irgendwann würde die Person hoffentlich von einem sympathischen Unsterblichen aufgetaut werden. Im US-amerikanischen Arizona wird dies allen ermöglicht, die das nötige Kleingeld haben. 80.000 US-Dollar kostet das Einfrieren des Kopfes. 200.000 US-Dollar das Einfrieren des kompletten Körpers. Verantwortlich dafür ist das Unternehmen Alcor. Ob jemand einen dann wirklich irgendwann auftaut, steht natürlich in den Sternen - und vor allem: wie wird er wieder lebendig?

Eine andere Möglichkeit besteht darin, nicht den Körper aber die bisherigen Erfahrungen und Erinnerungen vor dem Tod des Organismus zu retten. Dies würde dann in Form von Bits und Bytes geschehen.

Microsoft hat diesbezüglich Anfang 2021 ein Patent angemeldet. Es läuft unter dem Motto digitale Untersterblichkeit, was jedoch wenig zutreffend ist. Einen Menschen machen seine Seele und sein Geist aus, die sich nicht in Computerdaten umwandeln lassen.

Wer möchte schon ewig leben?

All die Bestrebungen für ein sehr langes Leben oder gar für eine Unsterblichkeit sind faszinierend. Sie haben den Menschen schon immer beschäftigt. Die Fragen, die sich hier anschließen, sind offenkundig: Ist ein ewiges oder sehr langes Leben wünschenswert? Wer wird sich dies leisten können? Was bedeutet ein längeres Leben oder gar eine Unsterblichkeit für die Welt an sich? Welche Probleme entstehen daraus? Hierzu findest du interessante Denkanstöße in diesem Artikel.

Verschiebung der Prioritäten

Wer sich detaillierter mit den Bestrebungen der meisten Forscher für ein längeres oder gar unsterbliches Leben beschäftigt, der findet dahinter als Motivation keinen Altruismus. Stattdessen ist es vielmehr die Angst vor dem eigenen Tod und dem dringenden Verlangen, niemals den Geist zur Ruhe zu betten. Bei einigen Wissenschaftlern lässt sich gar eine Form von Narzissmus vermuten. Sie glauben, die Welt könnte auf smarte Köpfe wie sie nicht verzichten. Sie wären ein Geschenk für die Menschheit, weswegen sie zwingend überleben müssten. Ob das so stimmt, steht auf einem anderen Blatt und ist diskussionswürdig.

Anstatt das Leben „auf Teufel komm raus“ in die Länge zu ziehen, wäre es nicht sinnvoll, es würdevoller für alle zu gestalten?

Wäre es nicht menschlicher, für ein besseres und gesünderes Leben aller zu sorgen? Auf diese Weise ließen sich auch andere große Probleme unserer Welt minimieren, sodass jeder davon profitiert. Das würde auch mit einer Achtung von Geist und Seele einhergehen, die letztlich das menschliche Leben ausmachen – und nicht sein Körper oder seine „gespeicherten“ Informationen.

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Photo by Andrea De Santis on Unsplash

Publiziert am
Dec 5, 2022
 in Kategorie:
Digitale Unsterblichkeit

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